Der Nachlass des langjährigen Bundestrainers Sepp Herberger (1897-1977), der die deutsche Männer-Nationalmannschaft 1954 zum ersten WM-Titelgewinn führte, ist in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen worden. Herbergers Nachlass, der sich im Eigentum der DFB-Stiftung Sepp Herberger befindet, ist der erste Fußball-Nachlass, der in das Verzeichnis aufgenommen wurde.
„Die Aufnahme des Herberger-Nachlasses in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes ist eine große Ehre und freut uns alle sehr. Es ist gut, den Nachlass auf diese Weise für kommende Generationen zu sichern“, sagt DFB-Präsident Bernd Neuendorf, der Vorsitzende des Kuratoriums der DFB-Stiftung Sepp Herberger.
Der Schrift-Nachlass des ehemaligen Bundestrainers umfasst mehr als 200 Archivkartons. In einer Zeit lange vor digitaler Kommunikation und der Verfügbarkeit nahezu aller Fußballspiele weltweit sammelte Herberger „mit geradezu beängstigender Perfektion“, wie sein Biograf Jürgen Leinemann es einmal formulierte, Fakten und Daten und führte mit vielen seiner Nationalspieler einen regen Briefwechsel.
„Viele sehen den 4. Juli 1954 als eigentliches Gründungsdatum der Bundesrepublik Deutschland. Sepp Herberger bleibt bis heute eine herausragende Persönlichkeit unserer Fußballgeschichte. Seine Verdienste gehen dabei weit über das ‚Wunder von Bern‘ hinaus“, betont DFB-Vizepräsident Ralph-Uwe Schaffert, der Vorsitzende des Vorstands der DFB-Stiftung Sepp Herberger.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte im März 1977 die Sepp-Herberger-Stiftung errichtet. Seit 1989 ist sie Rechtsnachfolgerin der kinderlosen Eheleute Sepp und Eva Herberger. Neben seinem schriftlichen Nachlass zählen rund 4.600 Bildmotive, seine Bibliothek und zahlreiche bedeutende Memorabilien zum Sepp-Herberger-Archiv, das im DFB-Campus in Frankfurt am Main verwahrt wird. Besondere Exponate sind als Dauerleihgaben im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund zu sehen.
Das Verfahren zur Eintragung erfolgte auf Grundlage des Kulturschutzgesetzes beim Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur und wurde durch einen Sachverständigenausschuss unterstützt.
„Der Erfolg Sepp Herbergers und seiner Mannschaft im Jahr 1954 steht für die Aufbruchsstimmung in der noch jungen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland. Seine Sammlung ist der wichtigste fußballhistorische Nachlass in Deutschland und wird regelmäßig wissenschaftlich ausgewertet. Das macht ihn zu einem würdigen Neuzugang im Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“, so Kunst- und Kulturminister Timon Gremmels. „Die Dokumente sind für die Erforschung der deutschen Sportgeschichte von Interesse – das betrifft Herbergers Rolle für den deutschen Fußball insgesamt, aber auch seine Rolle als Parteimitglied sowie Reichstrainer und damit als hoher Funktionsträger des Sports während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Gegenwärtig wird der Nachlass durch den Historiker Prof. Hiram Kümper aufgearbeitet. Unterstützt durch die Stiftung erschien zuletzt mit „Herberger über Herberger“ ein erster Band zu den Ergebnissen der historischen Begutachtung. Der zweite Band mit dem Fokus auf Herbergers Briefwechsel ist für 2025 geplant.
Ein als national wertvoll gelistetes Kulturgut ist besonders zu schützen und kann nur unter strengen Auflagen ins Ausland ausgeführt werden. Voraussetzung für eine Eintragung ist, dass es für das kulturelle Erbe Deutschlands besonders bedeutsam und identitätsstiftend für die Kultur Deutschlands ist und dessen langfristiger Verbleib im Bundesgebiet im herausragenden kulturellen öffentlichen Interesse liegt. Dabei wird die Aufnahme in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes restriktiv gehandhabt. Nach über 60 Jahren sind rund 2.700 Eintragungen zu verzeichnen. Die Himmelsscheibe von Nebra oder das Bild „Eisgang“ von Max Beckmann zählen zu den bekanntesten Objekten. Und nun auch Sepp Herbergers Nachlass.