Die Mexico-Hilfe feiert in diesen Tagen ihren 35. Geburtstag. Damit ist sie die älteste und eine der wichtigsten Initiativen der 2001 errichteten DFB-Stiftung Egidius Braun. Wo hat das Hilfswerk, das schon über sechs Millionen Euro bereitgestellt hat, seinen Ursprung?
Manche Zusammentreffen haben weitreichende Folgen. So auch der Besuch der deutschen Fußball-Nationalmannschaft während der Weltmeisterschaft 1986 in Mexiko im Waisenhaus „Casa de Cuna“ am Spielort in Querétaro. Auch DFB-Verantwortliche um Delegationsleiter Egidius Braun waren dabei. Eigentlich waren die Nationalspieler gekommen, um den Kindern und Jugendlichen dort ein paar unvergessliche Stunden zu schenken. Im Rückblick hatte diese einmalige Aktion weitreichende Folgen. Denn es war die Geburtsstunde der Mexico-Hilfe, die jetzt unter dem Dach der DFB-Stiftung Egidius Braun ihr 35-jähriges Bestehen feiert.
Rudi Völler, zu jener Zeit Stürmer der DFB-Auswahl, die das Finale gegen Argentinien mit 2:3 verlor, war von den Eindrücken vor Ort so überwältig, dass er spontan 5.000 D-Mark zur Verfügung stellte und somit als erster Spender in die Geschichte eingegangen ist. Franz Beckenbauer, damals Teamchef der Nationalmannschaft, erinnert sich: „Egidius Braun führte uns dort in ein Waisenhaus, ein Anblick, so erbärmlich, wie ich es noch nie erlebt habe. Furchtbar und schockierend war es, unter welch entsetzlichen Umständen die Kinder dort in einer windschiefen Baracke hausen mussten. Uns war klar, hier musste etwas geschehen. Ich denke, es gibt kein besseres Beispiel, was erreicht werden kann, wenn Geld vernünftig angelegt wird.“
Auch Toni Schumacher, Torhüter bei der WM 1986, war dabei und engagiert sich noch heute im Kuratorium der DFB-Stiftung Egidius Braun: „Für mich als Torhüter war das ‘zu null‘ immer sehr wichtig. Egidius Braun hat uns gezeigt, dass es Wichtigeres gibt als ein 1:0. Sein soziales Engagement zeigt sich unter anderem in der Mexico-Hilfe, die auf dem Besuch eines Kinderheimes in Querétaro während der WM 1986 basiert. Egidius Braun sensibilisierte uns damals dafür, nicht nur etwas mitzunehmen, sondern auch etwas dazulassen‘, was bis heute über die ihm gewidmete DFB-Stiftung passiert.“
Dem damaligen DFB-Schatzmeister Egidius Braun war schon nach den ersten Eindrücken vor Ort sofort eines klar: Hier muss geholfen werden. Was die Reisegruppe dort erlebte, waren krasse Gegensätze: Not und Elend auf der einen Seite und eine riesige Lebensfreude vor allem der Kinder auf der anderen Seite. Aber auch: keine berufliche Perspektive. Die Babys schliefen teilweise in Apfelsinenkisten, weil sie kein Bett hatten. Egidius Braun erinnerte sich Jahre später: „Wir haben damals so viel Leid und Not vor Ort gesehen. Diese Momente haben die gesamte Delegation sehr berührt. Für mich ist es wirklich toll zu sehen, dass der 1986 entsprungene Hilfsgedanke bis heute an nachfolgende Generationen weitergegeben wird. Ich hoffe sehr, dass das soziale Engagement stets eine zentrale Rolle des Fußballs sein wird.“
Zumindest im Fall der Mexico-Hilfe unter dem Dach der nach ihm benannten DFB-Stiftung trifft das zu. Der Strom der Unterstützung ist nie abgerissen. Freunde, Förderer – zu denen auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff und seine Frau Klara gehören – und Initiativen unterstützen das Hilfswerk bis heute. Auf diesem Weg sind in den vergangenen 35 Jahren mehr als sechs Millionen Euro zusammengekommen, mit denen Einrichtungen in Mexiko unterstützt werden konnten. Gemeinsam mit dem Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ werden aktuell zehn Projekte in sechs mexikanischen Städten und Regionen gefördert. Die bekannteste Einrichtung ist dabei bis heute die „Casa de Cuna“, das „Wiegenhaus“. In Mexico City wurden darüber hinaus Hilfsprogramme im Umfeld der Müllkippe in Chimalhuacán etabliert. Dort werden Kinder und Jugendliche in Kindertagesstätten und Schulen auf ihrem Lebensweg begleitet.
E. Rogelio Granguillhome Morfín, langjähriger Botschafter Mexikos in Deutschland, sagt über die Kooperation: „Die Unterstützung des Kinderheims in Querétaro durch die Stiftung zeigt, dass Fußball mehr ist als nur ein Wettkampf zwischen zwei Mannschaften und 22 Spielern. Was ich als mexikanischer Botschafter in Deutschland sagen kann, kommt nicht annähernd an die Dankbarkeit gegenüber der DFB-Stiftung Egidius Braun heran, die mittlerweile bereits Dutzende von Erwachsenen in Mexiko empfinden, die Jahre in der Kinderkrippe verbracht haben. Dasselbe gilt für die Menschen in Guadalajara, die direkt von der Unterstützung für eine Schule oder für eine weitere Kindertagesstätte profitiert haben. Als Botschafter und als Mexikaner schätze ich die Freundschaft unserer Länder und die Freundschaft des DFB sehr.“
Alan Franco, Leiter des regionalen Kooperationspartners FAE in Südamerika, ergänzt: „Gemeinsam haben wir es uns zum Ziel gesetzt, Kindern in dieser Situation extremer Armut eine Perspektive zu bieten und sie zu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen. Wir wollen ihnen die Chance geben, zur Schule zu gehen und später sogar zu studieren. Jedes einzelne Kind, das wir mit unserem Stipendienprojekt erreichen und von der Straße holen, ist ein großer Erfolg. Der Grund, warum ich hier bin, besteht darin, die Zukunft von Mädchen und Jungen weiter zu verändern, die nicht das Glück hatten, dass ihre Familien ihnen die Möglichkeit einer Ausbildung geben können. Dafür wollen wir mit der FAE und dank der Unterstützung der DFB-Stiftung Egidius Braun und der Sternsinger sorgen.“
Anne Wunden, Geschäftsführerin des Kindermissionswerks ,Die Sternsinger‘, unterstreicht die Zusammenarbeit zwischen der DFB-Stiftung und dem Kindermissionswerk: „Die gemeinsame, langjährige Hilfe der DFB-Stiftung und der Sternsinger ist eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Ich freue mich, dass wir zusammen diesen Weg seit vielen Jahren gehen und auch in Zukunft fortsetzen werden. Denn die Hilfe für die Mädchen und Jungen in Mexiko hat sich bewährt und kommt bei den Kindern vor Ort an. Wichtig ist uns dabei, die Lebenssituationen der Kinder nachhaltig zu verbessern und sie langfristig zu fördern. Ich bin sehr dankbar für die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der DFB-Stiftung und für die großartige Arbeit unserer Projektpartner, die den Mädchen und Jungen eine Perspektive bieten und ihnen ein besseres Leben ermöglichen.“
Was vor 35 Jahren mit einer mehr oder weniger spontanen Idee begann, hat sich schon längst zu einem Hilfsnetzwerk entwickelt, das für tausende Kinder und Jugendliche den Weg in ein Leben mit besserer Perspektive ermöglicht hat.